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3 DOORS DOWN - THE BETTER LIFE (2000)

  • Disc Man B
  • 16. März 2016
  • 4 Min. Lesezeit

Das Jahr: 2000

Der Ort: Anchorage, Alaska

Die Venue: Chilkoot Charlie's

Der Act: Die Hausband

Der Song: "Kryptonite" von 3 DOORS DOWN

Dies sind die Koordinaten. Die genaue Konstellation der Gestirne und ob die Gezeiten gerade im Steigen oder im Fallen begriffen waren, lässt sich jetzt nicht mehr sagen, aber genau dort und genau dann frass sich der Song "Kryptonite" nachhaltig in mein Gehör.

Es dauerte aber ein gutes Weilchen, bis ich herausfand, wie der Song überhaupt hiess und vom wem er stammt. Daran erkennt der geneigte Leser, dass ich kein Digital Native bin, und alle Millennials lachen sich jetzt wohl gerade richtig schlapp. Aber nehmt das, Nerds: Shazam bietet seine Dienste erst seit 2002 an! Im Jahre 2000 waren 3 DOORS DOWN in unseren Breitengraden jedenfalls noch unbekannt und traten erst etwas später auf den Plan.

Ich war zu dieser Zeit mit meinem Buddy T.R. am Polarkreis unterwegs, an der letzten Grenze, dem weiten Land, wie die Inuit es nennen: Alaska. Wir hatten in Anchorage ein Zimmer im Souterrain eines Motels gebucht und bereiteten dort unseren Aufbruch in die ungezähmte Wildnis vor. Eine zwei Monate dauernde Reise kreuz und quer durch Alaska lag vor uns und die Erwartungen waren hoch.

In den nächsten Tagen sollten wir unser Motor Home übernehmen können, welches wir liebevoll – aber auch etwas unheilschwanger - "The Rolling Titty Twister" nennen würden. Und bis es soweit war, verbrachten wir die Abende so wie Astronauten es vermutlich tun würden, bevor sie die lange Reise zum Mars antreten: Wir liessen die Sau raus.

Das Management unseres Motels war uns bei der Zusammenstellung des kulturellen Rahmenprogrammes unserer Abende keine Hilfe. Fest in koreanischen Händen war das Motel eher für forsch geblaffte Befehle als für freundlichen Service bekannt. An Infos, wo man die Abende stimmungsvoll verbringen könnte, war an dieser Stelle jedenfalls nicht zu kommen. Auch die Lage des Motels an der Spenard Road galt eher als etwas verrucht, wie wir bald herausfinden würden.

Wir taten deshalb, was wir in solchen Situationen immer tun: Wir zogen zu Fuss los und hofften das Beste. Immer der Spenard Road entlang in Richtung Downtown, vorbei an Army Shops, Pfandleihern und anderen, erstklassigen Etablissements.

Das Schicksal meinte es an diesem ersten Abend gut mit uns, sehr gut sogar. Es führte uns an die Pforten der einzigartigsten und wunderbarsten Saloon- / Bar- / Grill- / Konzertlocation diesseits des Polarkreises, dem legendären Chilkoot Charlie's.

Von aussen machte der Laden gar nicht so viel her. Er sah aus wie ein Blockhaus. Deutlich grösser zwar, aber im grossen und ganzen halt sehr rustikal. Diese Optik zeigte sich auch im Innern. Im vordersten Teil lag die Bar, stur in Holz gehalten, mit Sägemehl am Boden. Sägemehl, Hergott nochmal, Sägemehl!!! Wir fanden's spitze, nahmen ein Plätzchen am Tresen ein und brachten dem Barkeeper, einem Bodybuilder Typen, der mit uns noch sehr viel Arbeit haben würde, bei, Vodka und Red Bull zu mixen.

Erst nach und nach entdeckten wir Chilkoot Charlie's wahre Ausmasse: die verschiedenen Bars, den Grill von Black Mike, die zwei Konzertsäle und all die anderen Räume. Ein echtes Labyrinth!

Wir waren besoffen, verzückt wie Kinder während der Weihnachtsbescherung und hätten vor Freude beinahe losgequietscht wie kleine Mädchen.

Irgendwo an der Wand fanden wir eine Plakette des Playboy Magazines, die das Koot's, wie die Locals den Laden nennen, als Playboy's Number 1 Club auslobte. Daneben hingen unzählige Zeitungsausschnitte von Berichten über Aftershow Parties, die Aerosmith und andere Herren aus unserer Heldengalerie in ebendiesen Räumlichkeiten abgehalten hatten. Spätestens da wurde uns klar, dass uns unsere Lebern einmal mehr zielstrebig zum besten Wasserloch weit und breit geführt hatten.

Unter der Woche trat im Koot's eine (soweit ich weiss) namenlose Hausband auf, die ich ziemlich gut fand (zu dieser Zeit war ich bereits der äusserst prominente Sänger einer äusserst erfolgreichen Rockband, aber diese Jungs fand ich spitze, und ich hatte trotz meines äusserst äussersten Rénommés kein Problem, dies zuzugeben) und die ausschliesslich Covers spielte.

Dabei erlebte ich jeden Abend ein Déja Vu: Auf dem Höhepunkt der Show brachte die Band die ersten Takte von "Kryptonite" - das unverkennbare Gitarrenintro mit dem getrommelten Trommeldings - und das Publikum ging ab wie Schmitts Katze. Mir ging es nicht anders, und, obwohl der Song für mich neu war, hatte ich sofort das Gefühl, ihn schon ewig zu kennen.

Wenig später bestiegen wir den "Rolling Titty Twister" und machten damit in den nächsten zwei Monaten zwar nicht ganz Alaska, aber immerhin den Teil, der ans Strassennetz angeschlossen ist, unsicher.

Ungeahnte Abenteuer wurden erlebt und überstanden. Wir frequentierten die Saloons der Provinznester genauso wie die Bars der Städte, übernachteten im Mord- und Totschlagmotel und machten die Bekanntschaft von Waffenschmugglern und Damen, die auf den Übernamen "Strong-like-cow" hörten und Ladycolts trugen. Es ist ein schönes Land, dieses Alaska.

Mehrmals kamen wir auf unserem Zickzackweg quer durch den Staat wieder nach Anchorage, und jedes Mal ging’s ab ins Koot's, zur unbekannten, "Kryptonite" spielenden Hausband. Und so zementierte sich der Song im Fundament meines musikalischen Bewusststeins ein.

Einige Wochen später dann, als ich bereits wieder zu Hause war und herausgefunden hatte, von wem der Song stammt, konnte ich mir endlich das Album kaufen: "The Better Life" von 3 DOORS DOWN, und als äusserst prominenter Sänger hätte ich darauf bestehen müssen, dass wir "Kryptonite" ins Repertoire unserer äusserst erfolgreichen Rockband aufnehmen. Wir wären damit zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen, und unser äusserst grosses Publikum hätte auf den Song sicher ähnlich reagiert, wie die Leute im Koot’s.

Aber irgendwie ging das unter. Weshalb, ist mir heute auch ein Rätsel. Vielleicht wird dies die sich äusserst gut verkaufende Biographie über unsere äusserst erfolgreich aufgelöste Rockband aufklären.

"If I go crazy will you still call me Super Man?" – 3 DOORS DOWN

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