JOHN HIATT - PERFECTLY GOOD GUITAR (1993)
- Disc Man B
- 7. März 2016
- 3 Min. Lesezeit

Damit es klar ist: Ich finde nicht, dass "Perfectly Good Guitar" JOHN HIATTs bestes Album ist.
Es ist ein gutes Album, aber das Besondere daran ist mehr, dass mit "Perfectly Good Guitar" für mich in Sachen JOHN HIATT alles anfing.
Oder sollte ich sagen, doch noch anfing?
Ich habe mir "Perfectly Good Guitar" irgendwann in der Mitte der Neunziger gekauft. Den Ausschlag dazu gab damals nicht unbedingt die Musik, die war eigentlich nicht so nach meinem Geschmack. Und der Typ auf dem Cover war damals schon retro, daran kann es also auch nicht gelegen haben.
Ich erinnere mich, dass ich mir die CD in der legendären Winterthurer Musikbox so oft heraussuchen liess, sie probehörte, dann aber doch nicht kaufte, dass mich der stets grimmige Verkäufer Ivan so ziemlich auf dem Kieker hatte.
Und jedes Mal blätterte ich das Booklet von vorne bis hinten genüsslich durch und zog mir die Hochglanzfotos der wunderbaren, HIATTschen Gitarren rein.
Ich sparte mir damals nämlich Kohle für meine erste Gitarre zusammen, müsst ihr wissen. Nicht, dass mein junges Ich hätte Gitarre spielen können, aber wollen wir hier Haare spalten oder was? Die Gitarren im Booklet sahen einfach zu geil aus: Kein Stäubchen dran, kein Kratzer, dafür haufenweise wunderbare Details mit viel Chrom und üppigem Perlmutt. Wie hätte ich da keine Gitarre haben wollen?
Ich kaufte mir "Perfectly Good Guitar" beim hundertsten Anlauf schliesslich doch noch. Sie wird damals ungefähr dreissig Mücken gekostet haben. Geld, das mir danach bei der Beschaffung meiner Gitarre fehlte. Eine Strat-Kopie aus dem Hause Peavey gab es schliesslich, mehr lag nicht drin. Aber hey, spielen konnte ich ja, wie gesagt, erst mal eh nix…
Und wenig später kaufte ich mir dann einen Talisker Single Malt. Nicht, weil ich Single Malt mochte – ich hatte noch nie davon gehört – aber ich mochte den Look der Flasche und wollte damit in meiner soeben bezogenen, ersten Wohnung den Grundstein für eine Hausbar legen.
Zu Hause angekommen köpfte ich in grosser Vorfreude die Flasche, goss mir grosszügig ein und - Achtung, jetzt schmerzt’s gleich - mixte mit Cola und Eis. Ich fand das Resultat widerlich und gab dem armen Talisker die Schuld dafür.
Grundstein meiner ersten Hausbar wurde daraufhin Vodka, und erst knapp zehn Jahre später entdeckte ich die Taliskerflasche zufällig wieder, zuhinterst im Schrank, und versuchte den Stoff erneut. Dieses Mal aber pur, weil ich weder Cola noch Eis hatte. Und da erst machte es klick. Seither habe ich stets die eine oder andere Flasche Single Malt im Hause.
Was dieser Talisker-Schwank aus meiner Jugend mit JOHN HIATT zu tun hat? Eine Menge würde ich sagen, denn "Perfectly Good Guitar" war so etwas wie mein musikalischer Single Malt: Zu früh gekauft (aber Gott sei Dank überhaupt gekauft!), nicht verstanden und für lange Zeit beiseitegelegt. Dann aber erst richtig entdeckt und schätzen gelernt.
"Perfectly Good Guitar" wurde einer der Grundsteine meiner musikalischen Hausbar. Seither stolpere ich immer wieder über diese Scheibe und bin dann stets derart angetan, dass ich mir umgehend das aktuellste JOHN HIATT Album bestellen muss.
Ist ja ein umtriebiges Kerlchen, dieser HIATT. Über zwanzig Alben hat er veröffentlicht, und was diese Alben (ich werde sie mir alle kaufen, alle!) für mich interessant macht, ist die Bandbreite der Songs.
HIATT spielt Rock, Pop, Blues, Folk und Country - alles, was das grosse Amerika an wunderbaren Sounds zu bieten hat. Was aber immer gleich bleibt, ist seine unverkennbar knorrige, aber dennoch vielseitige Stimme.
Neulich habe ich mir "Crossing Muddy Waters" nachbestellt. Und wenn ich eingangs klargestellt habe, dass "Perfectly Good Guitar" nicht JOHN HIATTs bestes Album ist, dann ist "Crossing Muddy Waters" eben genau das: Das beste Album von JOHN HIATT, das ich besitze (und ich werde sie alle besitzen, alle!).
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