LALO SCHIFRIN - MISSION: IMPOSSIBLE… AND MORE! (1996)
- Disc Man B
- 11. März 2013
- 3 Min. Lesezeit

Heisser Bossa Nova und coole Agenten
1996 ist der Kalte Krieg definitiv vorbei und der erste Streifen der
"Mission: Impossible" Filmreihe kommt in die Kinos.
Man kann von Tom Cruises Mimik halten was man will, wenn er an Drahtseilen 2,5 cm über einem bewegungssensitiven Boden herumhampelt und schwitzt wie Sau, aber der Soundtrack mit dem gleichnamigen Titelsong ist legendär und im vorgenannten Jahr ein must have.
Auf der Suche nach diesem Scheibchen treibt es mich – natürlich! – in den Untergrund Winterthurs, genauer gesagt in die Musicbox. Der alt-ehrwürdige Plattenladen, dann CD-Laden, dann Platten- und CD-Laden, dann leider nur noch Online Shop.
Egal, im damaligen Laden gebe ich monatlich brav einen gut Teil meines Stiftenlohnes ab und trage dafür schee g‘schpuite Musi hoam.
Natürlich haben sie dort den Original Soundtrack brandneu im Angebot. Den kaufe ich aber nicht. Mir fällt nämlich durch ein raffiniertes Buebetrickli des Schicksals die damals schon dreissig Jahre alte Originalversion in die Hände, das der TV-Serie "Kobra übernehmen Sie" aus den Sechzigern. Komponist: LALO SCHIFRIN.
Im Zentraleuropa der Neunziger bin ich vermutlich der einzige Teenager, der sich eine LALO SCHIFRIN CD kauft. Aber a) war ich schon immer etwas neben der Spur und b) möge man mir zugutehalten, dass ich dafür das Debut Album der SPICE GIRLS, das im selben Jahr erscheint, nicht gekauft habe.
Rückblende:
1966 - auf der politischen Weltbühne ist schwer was los. Der kalte Krieg und derjenige in Vietnam toben unvermindert, die USA und die UDSSR liefern sich ein Wettrennen in den Weltall und jede Bananenrepublik, die etwas auf sich hält, leistet sich einen Militärputsch.
Spione und Agenten lauern an jeder Ecke, auf beiden Seiten der Berliner Mauer und in jedem Fitzelchen Film, das Hollywood verlässt. Wer in den Sechzigern als Agent etwas bedeuten will, der trägt Anzug mit schmaler Krawatte, Seitenscheitel und einen Kugelschreiber mit eingebauter Kamera.
Ausserdem kommt er akustisch sackstark rüber. Was MONTY NORMAN mit seinem James Bond Titelsong von 1962 vormacht, perfektioniert LALO SCHIFRIN einige Jahre später mit "Mission: Impossible".
Die brennende Lunte und das Piano im Intro lassen Zuschauer und Filmganoven sofort aufmerken: Obacht, hier fliegt uns gleich die Kacke um die Ohren!
Sofort dann der Einsatz der Flöten: Suspense, subtil aber dennoch unter Hochspannung - die Spezialeinheit schleicht sich an! Zu den scheppernden Bläserakkorden erfolgt schliesslich der minutiöse Zugriff. Pauken und Trompeten schmettern, und alle Bösewichter sind gefasst. Blick auf die Uhr: Der Song ist gerade mal sechzehn Sekunden alt und hat schon alles Wesentliche erzählt!
Auch der zweite Track auf der CD hat’s in sich: "Jim On The Move", ebenfalls aus der "Mission: Impossible" / "Kobra übernehmen Sie" Serie. Bass und Perkussion kreieren die Spannung, die ein Agent bei der diskreten Verfolgung einer Zielperson einfach braucht, und schrille Bläsersätze akzentuieren die Jagd per pedes durch Havanna oder Moskau mit dem nötigen akustischen Thrill. Nie klang eine Reibgurke antörnender!
Danach geht es weiter mit bekannten Titelsongs, die Herr SCHIFRIN zwischen '62 und '72 scheinbar nur so ausgeschwitzt hat: "The Men From U.N.C.L.E." (deutsch "Solo für O.N.K.E.L."), "The Cat", und "Venice After Dark" - alles supercoole Nummern, die swingen, jazzen und grooven. Dazu verströmen sie stets einen Hauch Exotica – ein hochexplosiver Mix ganz nach dem Geschmack der Agentengilde in Ost und West.
Nach diesen Tracks ist dann aber Schluss mit Schwärmereien: Bullitt kommt!
Steve McQueen alias Bullitt ist ein cooler Hund, ein harter Knochen. Die Verfolgungsjagd mit seinem dunkelgrünen Ford Mustang durch die steilen Strassen San Franciscos wird Hollywoods Autoszenen nachhaltig prägen, auch wenn er dabei etwa fünf Mal denselben, grünen VW Käfer überholt.
Es versteht sich von selber, dass ein markiger Kerl wie Bullitt einen markigen Song braucht. Einen, der analog zu ihm selber das Klartext reden überspringt und gleich richtig zulangt, einer mit Ecken und Kanten (Gitarre und Saxophone) und vor allem mit Eiern (Basslinie!!!).
Genau das bekommt Bullitt von LALO SCHIFRIN massgerecht aufs Trommelfell komponiert. "Bullitt (Main Title)" ist der heimliche Superstar auf der Scheibe. Alles, was danach noch kommt - und das ist zum Beispiel immerhin noch die Titelmelodie von "Dirty Harry" - ist nur noch Beigemüse. Bullit räumt alles weg, und LALO SCHIFRIN wird zu Recht mit vier Grammy und sechs Oscar Nominationen geehrt.
Abspann, bitte!
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